Diabetes mellitus
Wenn man das griechische Wort diabḗtes („Durchfluss“) und das lateinische mellitus („süß wie Honig“) zusammennimmt, kommt man auf eine poetische Beschreibung dieser Krankheit: Es geht um das Ausscheiden von Blutzucker über den Urin. Denn wer an Diabetes leidet, der hat zu viel Zucker im Blut.
Was ist das?
Diabetes mellitus, oft auch einfach „Zuckerkrankheit“ genannt, ist eine krankhafte Störung des Zuckerstoffwechsels. Der Blutzuckerspiegel der Erkrankten ist dauerhaft erhöht, was unbehandelt zu einer Vielzahl von teilweise schweren Folgeerkrankungen führen kann. In den meisten Fällen wird das körpereigene Hormon Insulin, das den Zuckerhaushalt im Körper kontrolliert, in zu geringer Menge produziert. Die Wissenschaft unterscheidet zwischen zwei Diabetes-Typen:
Typ-1-Diabetes
Hier ist die Bauchspeicheldrüse Ort des Geschehens: Bei Erkrankten werden die Insulin-produzierenden Zellen durch körpereigene Fresszellen zerstört – denn sie halten die Insulin-produzierenden Zellen fälschlicherweise für gefährlich oder fremdartig. Damit ist Typ-1-Diabetes eine sogenannte Autoimmunerkrankung, bei der sich das Immunsystem ohne Not gegen den eigenen Körper richtet.
Typ-2-Diabetes
Die Körperzellen selbst sind hier die Schwachstelle: Anfangs produziert die Bauchspeicheldrüse noch genug Insulin. Doch die Körperzellen werden zunehmend unempfindlich dagegen. Obwohl also genügend Insulin im Körper vorhanden ist, kann es seine regulierende Wirkung auf den Blutzucker nur wenig oder gar nicht entfalten. Als Reaktion darauf nötigt der Körper die Insulin-produzierenden Zellen, immer mehr Insulin herzustellen. Das jedoch hält die Bauchspeicheldrüse nicht ewig durch: Mit Fortschreiten der Krankheit geht die Insulinproduktion immer weiter zurück – bis zum Stillstand.
Woher kommt Diabetes mellitus?
Warum das Immunsystem bei Menschen mit Typ-1-Diabetes die Insulin-produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse angreift, ist bis heute nicht genau geklärt. Vermutet wird zum Teil eine erbliche Veranlagung: So haben etwa zehn bis 15 Prozent der Diabetes-Typ-1-Patienten unter 15 Jahren einen Verwandten ersten Grades (Mutter, Bruder etc.), der ebenfalls an Diabetes erkrankt ist. Als äußere Faktoren werden diskutiert: vorzeitiges Abstillen, die Aufnahme von Giftstoffen, aber auch Infektionskrankheiten wie Mumps und Röteln sowie das gleichzeitige Vorhandensein anderer Autoimmunerkrankungen.
Auch bei Typ-2-Diabetes spielen Erbfaktoren eine gewisse Rolle. Wesentlich gravierender aber beeinflusst der persönliche Lebensstil das Risiko, an dieser Form von Diabetes zu erkranken. Als wichtige Risikofaktoren gelten Übergewicht, Bewegungsmangel, Rauchen sowie eine ballaststoffarme, fett- und zuckerreiche Ernährung.
Was sind die Symptome?
Bei beiden Diabetes-Typen leiden Patientinnen und Patienten unter ähnlichen Symptomen. Da permanent Zucker über den Urin aus dem Körper geschwemmt werden muss, müssen Erkrankte sehr häufig zur Toilette und scheiden dabei nicht selten große Mengen Urin aus. Besonders nachts ist der Harndrang ausgeprägt. Das häufige Wasserlassen wiederum löst bei Patienten ein quälendes Durstgefühl aus: Der Körper versucht nämlich, über vermehrtes Trinken den erlittenen Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Weitere alltägliche Symptome sind Müdigkeit und Konzentrationsstörungen, Sehstörungen und ein geschwächtes Immunsystem – dadurch erkranken Diabetikerinnen und Diabetiker häufiger und länger an Infektionen.
Die langfristigen Schäden einer unbehandelten oder schlecht eingestellten Diabetes-Erkrankung können gravierend sein: Im Krankheitsverlauf verengen sich die Blutgefäße, was zu schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und einer zu geringen Durchblutung des Gehirns und damit zum Schlaganfall führen kann. Durch eine gestörte Wundheilung kann es zu schweren Hautinfektionen und Geschwüren („diabetischer Fuß“) kommen. Auch die Augen werden in Mitleidenschaft gezogen: Schwere Schädigungen der Sehnerven bis zur völligen Erblindung sind möglich.
Wie häufig ist die Krankheit?
In Deutschland gibt es aktuell rund sieben Millionen Menschen mit Diabetes. Die Dunkelziffer ist hoch: Etwa ein Fünftel der Erkrankten weiß noch nichts von seiner Erkrankung. Mehr als 90 Prozent der Betroffenen haben Typ-2-Diabetes. Fünf bis zehn Prozent entfallen auf Typ-1-Diabetes, das sind in Deutschland etwa 300.000 Menschen, davon sind mehr als 30.000 Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren.(1)
Wie kann man Diabetes behandeln?
Die gute Nachricht: Rund die Hälfte der Typ-2-Diabetiker kann die Erkrankung ohne Medikamente bekämpfen – durch konsequente Ernährungsumstellung, Gewichtsabnahme und Bewegung. Ansonsten wird Typ-2-Diabetes entweder mit blutzuckersenkenden Tabletten und/oder der Zufuhr von Insulin behandelt, beispielsweise als kombinierte Therapie mit Tabletten oder Spritzen.
Auch Typ-1-Diabetiker profitieren von einer Ernährungsumstellung und Gewichtsabnahme. Trotzdem müssen sie immer und lebenslang das fehlende Insulin zuführen – zumeist per Spritze, Insulinpumpe oder Pens. Ziel der Insulintherapie ist es, den Zeitpunkt und die Menge des von außen zugeführten Insulins möglichst genau dem Bedarf des Erkrankten anzupassen. Dafür muss der Blutzuckerspiegel regelmäßig gemessen werden.
Beide Formen der Erkrankung erfordern eine dauerhafte Kontrolle der wichtigsten Blutwerte durch den Patienten und den behandelnden Arzt.
Die Pharmaforschung hat mit der Entwicklung von verschiedenen Insulinen und einer Reihe von Diabetespräparaten sowie durch dazu passende Anwendungshilfen wie Pens und Pumpen eine individuelle Behandlung von Diabetes-Erkrankten ermöglicht. Gegenwärtig arbeitet sie daran, die Lebensqualität Betroffener weiter zu erhöhen: Statt einer Spritze, mit der bisher immer zu den Mahlzeiten eine Dosis Insulin injiziert werden muss, könnte bald eine schluckbare Kapsel den Alltag vieler Patientinnen und Patienten erleichtern.(2)